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Einkaufsliste für die Krise

  • 18. Juli
  • 7 Min. Lesezeit

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Die Corona-Pandemie hat unser Leben und die Märkte voll im Griff. Die Indizes sind von ihren Hochs im Februar teilweise um 40 % gefallen und das in einer Geschwindigkeit, die es so noch nie gab. Die Angst vor einer Weltwirtschaftskrise, wie sie die Welt seit 1929 nicht mehr gesehen hat, greift um sich. Gleichzeitig kämpfen die Notenbanken dieser Welt dagegen an, dass genau so etwas nicht wieder passiert. Die Regierungen schnüren Hilfspakete in beispielloser Höhe. Was genau passieren wird an den Börsen weiß jedoch niemand. Man geht davon aus, dass eines von drei Szenarien eintreten wird. Welches genau weiß natürlich niemand.

 


Das V-Szenario


Ein V-förmiger Verlauf wäre die günstigste aller Varianten und würde nur leichte Schäden hinterlassen. Dies könnte dann eintreten, wenn die derzeitigen Maßnahmen wie Home-Office-Tätigkeit, Verbot von Auslandsreisen oder Engpässe in der Produktion nur von kurzer Dauer sind. Genau in diesem Schwebezustand befinden wir uns momentan in Deutschland und der Welt. Die Frage wird sein, wie lange dieser Zustand anhalten wird. Können wir relativ zügig zum Tagesgeschäft zurckkehren, könnte es bei einer Delle in der Weltwirtschaft bleiben. Einige schlechte Quartale würden folgen, danach würde der Verlauf wahrscheinlich wieder in geordnete Bahnen kommen. In der Zwischenzeit helfen die Maßnahmen der Regierungen und Notenbanken, das Überleben der Unternehmen zusichern.


Für die Börse würde das aller Voraussicht nach einen V-förmigen Verlauf bedeuten. Die Kurse sollten nach Erreichen des Tiefpunkts also schnell wieder stark anziehen. Ich persönlich halte dieses Szenario für relativ unwarscheinlich, da uns die Nachwirkungen der bereits eingetretenen Verwerfungen in der Wirtschaft noch längerfristig beschäftigen werden.

 


Das L-Szenario


Ein L-Verlauf der Märkte wäre für alle das wohl schlimmste Szenario. In diesem Fall würden wir die Pandemie gar nicht oder erst nach sehr langer Zeit in den Griff bekommen und die Wirtschaft würde extrem einbrechen. Das Ergebnis wäre eine weltweite, schwere Rezession, die zu einem Einbruch der Wirtschaftsleistung führt. Die Arbeitslosigkeit steigt massiv an, Unternehmen gehen reihenweise pleite. Die Maßnahmen der Zentralbanken und Regierungen verpuffen und führen nicht zu einer Erholung der Wirtschaft. Produktionsketten brechen ein, ein massiver Nachfrageeinbruch folgt. Die Krise könnte noch schlimmer werden als die Finanzkrise 2008/2009, da die Verschuldungsgrade von Unternehmen und Staaten noch höher sind als zum damaligen Zeitpunkt.


Sollte dieser Fall eintreten, werden die Märkte noch wesentlich deutlicher fallen, als sie es bereits getan haben. Ist der Boden erreicht, findet keine Erholung, sondern eine Stagnation der Kurse statt. Ein L-förmiger Verlauf also. Persönlich halte ich dieses Szenario für noch unwahrscheinlicher, wie einen V-förmigen Verlauf. China und Südkorea haben bereits vorgemacht, wie das Virus in den Griff zu bekommen ist. Dies sollte auch in Europa und Amerika möglich sein, wenn man auch nicht weiß innerhalb welches Zeitraums.

 


Das U-Szenario


Wie die meisten Experten, glaube auch ich am ehesten an ein U-Szenario. In diesem dauert die Bewältigung der Krise einige Zeit an. Die Verbreitung des Virus kann nicht in kürzester Zeit gestoppt werden, sondern nur mit starken Einschränkungen des öffentlichen Lebens, was unmittelbar die Wirtschaft trifft. Innerhalb der Bevölkerung herrscht eine große Unsicherheit, größere Anschaffungen werden auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Einige Firmen, die seither nicht gut gewirtschaftet haben, werden pleite gehen. Dies sorgt für eine steigende Arbeitsloigkeit und im Nachgang auch zu sinkendem Konsum.


Genau an diesem Punkt befinden wir uns gerade. Aller Voraussicht nach werden die Märkte realisieren, dass wir vor einem längerfristigen Abschwung stehen. Dieser wird nicht nur ein oder zwei Quartale andauern, sondern mehrere Quartale oder auch Jahre. Dies hat starke Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, wobei einzelne Branchen stärker betroffen sind, als andere. Die Tourismus- und Luftfahrtbranche trifft es am härtesten. Anbieter von Waren des täglichen Bedarf beispielsweise dürften weniger betroffen sein.

 


Meine Strategie


Ich für meinen Teil rechne also mit einem U-förmigen Verlauf der Märkte. Wissen kann ich das natürlich nicht, allerdings muss ich für mich wahrscheinliche Szenarien herausarbeiten, um darauf meine Strategie für die nächste Zeit zu stützen. Sollte dieser Verlauf tatsächlich so eintreten, weiß ich jedoch immer noch nicht, über welchen Zeitraum sich das Ganze abspielen wird. Ich muss also davon ausgehen, dass das ein oder andere Unternehmen die Krise nicht überstehen wird. Des Weiteren rechne ich mit einigen Dividendenkürzungen oder -streichungen. In meinem Depot hat das britische Bauunternehmen Taylor Wimpey bereits den Anfang gemacht und die Dividende komplett ausgesetzt.


Wichtig ist in derartigen Zeiten also, qualitativ hochwertige Unternehmen einzusammeln, von denen ich erwarte, dass sie auch nach der Krise Geld verdienen werden und natürlich auch noch da sind. Darüber hinaus bietet die derzeitige Situation aber natürlich auch große Chancen. Oftmals jammern wir, wie teuer die Unternehmen sind und warten sehnsüchtig auf einen günstigen Einstiegszeitpunkt. Dieser ist bei vielen Unternehmen, die in den letzten Jahren immer zu teuer waren, nun gegeben.


Also jetzt mit allem was man hat All-In gehen? Kann man machen. Dann ist man der Held, wenn doch eine V-förmige Erholung einsetzt. Viele halten sich mit Käufen derzeit auch vollständig zurück. Hier liegt man bei einem L-Verlauf natürlich vorne. Sollte sich der U-förmige Verlauf bewahrheiten, stellt sich die Frage, ab wann die Erholung losgeht. Sehr viele Fragezeichen also. Ich habe an anderer Stelle schon mehrfach angemerkt, dass ich ein mieser Market-Timer bin. Also gehe ich einen für mich gangbaren Weg, nämlich den stufenweisen Einstieg. Ich steige mit einem Teil in neue Positionen ein oder stocke auf und halte einen Teil noch in der Hinterhand. Fällt der Markt weiter, habe ich noch Pulver trocken, steigt der Markt bin ich zumindest teilweise unten eingestiegen. Da eine Cashreserve momentan nicht wirklich vorhanden ist, bin ich in der jetzigen Marktsituation auch bereit, meinen Wertpapierkredit in Anspruch zu nehmen. Das Ganze natürlich immer nur im Rahmen meiner festgesetzten Regeln, die ihr hier nochmal nachlesen könnt.

 


Die Einkaufliste


Die Strategie wäre also geklärt. Fraglich ist jetzt nur noch, wie ich genau diese qualitativ hochwertigen Unternehmen finde, von denen ich glaube, dass sie die Krise überstehen werde. Da ich zum überwiegenden Teil im US-Markt investiere, sind hier natürlich vor allem die Dividendenchampions von Interesse. Hier kommt die David-Fish-Liste ins Spiel. David Fish war ein US-amerikanischer Fondsmanager und spezialisiert auf Dividendenunternehmen. Hierfür pflegte er eine umfangreiche Excel-Arbeitsmappe mit vielen Informationen über die Dividenden-Champions auf dem amerikanischen Aktienmarkt. Fish starb im Jahr 2018, seit seinem Tod wird die Liste, die monatlich aktualisiert wird, von Justin Law weitergeführt. Die Liste enthält derzeit etwa 800 US-Unternehmen, die seit mindestens fünf Jahren ihre Dividende erhöhen. Ihr könnt sie hier abrufen.

Die Tabelle ist aufgeteilt in:


Dividenden-Champions: Diesen Titel tragen Unternehmen, die seit mindestens 25 Jahren ohne Unterbrechung ihre Dividende jährlich erhöht haben. Oftmals werden diese Unternehmen auch als Dividenden-Aristokraten bezeichnet. Bekannte Unternehmen wie Colgate-Palmolive, Procter & Gamble, McDonald’s, Coca Cola oder Wal Mart fallen in diese Kategorie. Wer auf der Suche nach soliden und eher konservativen Investments ist, wird hier fündig. Eine Garantie ist hiermit natürlich nicht verbunden und es gibt auch immer wieder Unternehmen, die ihren Status verlieren. Man kann jedoch davon ausgehen, dass das jeweilige Management alles in seiner Macht stehende tun wird, den Titel zu behalten. Nur eine einzige Kürzung bzw. Stagnation führt zum Verlust der Bezeichnung und es dauert somit mindestens 25 Jahre, sich diesen Anspruch neu zu erwerben.


Dividenden-Contenders: Dies sind Unternehmen, die seit 10 bis 24 Jahren ihre Dividende jährlich erhöht haben. Auch hier finden sich einige bekannte Unternehmen wie IBM oder Microsoft oder Starbucks.


Dividenden-Challengers: In die Liste der Challengers kommen alle Unternehmen, die seit 5-9 Jahren ihre Dividenden erhöhen. Bekannte Unternehmen in dieser Kategorie sind Apple oder Mastercard. 

Wie sieht meine Liste also aus? Vorgenommen habe ich mir alle Dividenden-Champions. Hiervon habe ich Werte ausgenommen, die aus meiner Sicht bis auf wenige Ausnahmen (Branchenriesen) momentan nicht sicher genug sind. Dem zum Opfer gefallen sind alle enthaltenen Banken sowie die meisten Öl- und Energiewerte. Unternehmen mit inkonsistenter Gewinnentwicklung fallen für mich ebenfalls raus. Zum Schluss habe ich Firmen aussortiert, die aus meiner Sicht weiterhin deutlich überbewertet sind. Übrig geblieben sind folgende Unternehmen:

Unternehmen

Symbol

Sektor

Dividende seit wieviel

Jahren

Dividenden-

rendite

Erstmalige

Zahlung (Jahr)

Rezessionen

überlebt

Genuine Parts Co.

GPC

Consumer Discretionary

64

4,9%

1957

8

Parker-Hannifin Corp.

PH

Industrials

63

2,8%

1957

8

3M Company

MMM

Industrials

62

4,5%

1959

7

Johnson & Johnson

JNJ

Health Care

57

3,2%

1963

6

Lowe’s Companies

LOW

Consumer Discretionary

57

2,6%

1963

6

ABM Industries Inc.

ABM

Industrials

53

3,5%

1968

6

Stanley Black & Decker

SWK

Industrials

52

2,8%

1968

6

Target Corp.

TGT

Consumer Discretionary

52

2,9%

1968

6

H.B. Fuller Company

FUL

Materials

50

2,3%

1970

6

Sysco Corp.

SYY

Consumer Staples

50

3,9%

1971

5

W.W. Grainger Inc.

GWW

Industrials

48

2,4%

1972

5

Leggett & Platt Inc.

LEG

Consumer Discretionary

48

5,8%

1972

5

PPG Industries Inc.

PPG

Materials

48

2,4%

1972

5

Consolidated Edison

ED

Utilities

46

4,3%

1975

4

Automatic Data Proc.

ADP

Information Technology

44

3,0%

1976

4

Walgreens Boots Alliance Inc.

WBA

Consumer Staples

44

4,4%

1976

4

Eaton Vance Corp.

EV

Financials

39

4,9%

1982

3

AFLAC Inc.

AFL

Financials

38

3,0%

1983

3

Weyco Group Inc.

WEYS

Consumer Discretionary

38

4,9%

1982

3

Sonoco Products Co.

SON

Materials

37

4,2%

1983

3

ExxonMobil Corp.

XOM

Energy

37

9,3%

1983

3

AT&T Inc.

T

Communication Services

36

7,3%

1985

3

T. Rowe Price Group

TROW

Financials

34

3,9%

1987

3

National Retail Properties

NNN

Real Estate

30

6,2%

1990

3

General Dynamics

GD

Industrials

28

3,6%

1992

2

Realty Income Corp.

O

Real Estate

27

5,1%

1994

2

 

Ich habe also einen Strauß aus 26 Unternehmen, die für mich interessant sind. Besonders zu beachten ist die letzte Spalte der Tabelle. Hier könnt ihr sehen, wieviele Rezessionen die Unternehmen bereits überlebt haben. Anzumerken ist, dass es sich hier lediglich um eine Vorauswahl handelt. Bevor es an das Investieren an sich geht, muss eine weitere Eingrenzung und eine genaue Untersuchung der Unternehmen erfolgen. Ich für meinen Teil fühle mich mit meiner vorbereiteten Shoppingliste für die nächsten Monate aber erstmal gerüstet.


Wie geht ihr das Ganze an. Habt ihr auch eine Liste vorbereitet? Ich freue mich über Kommentare.



Alle Artikel auf beamteninvestor.de stellen keine Aufforderung zum Kauf oder Verkauf eines Wertpapiers dar. Die Informationen geben lediglich einen Einblick in die Meinung des Autors.

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